Wie schnell kann ein Bild im Internet verbreitet werden und wird es das überhaupt, denn jeder in der Klasse hat ja schließlich versprochen, es zu löschen? Kann man die Verbreitung eines Bildes überhaupt noch kontrollieren, wenn man es nur an eine Person geschickt hat? Und welche Fotos sollte man doch vielleicht lieber mit keinem teilen und was können negative Konsequenzen sein?
Velpke. Die Antworten auf diese Fragestellungen versuchte die Klasse 5.1 im Rahmen eines Selbstversuches über 5 Tage zu beantworten und kam dabei zu erstaunlichen Ergebnissen. Im Sozialtrainingsunterricht einigte sich die Klasse vorab auf ein besonderes Motiv und setzte ihr Klassenmaskottchen „Fred“ in Szene. Das Fred am Ende der Woche ein Internet-Star sein würde, ahnten die Fünftklässler zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Ausgangspunkt bildete also ein schnell geschossenes Foto von Fred, welches symbolisch für ein Geheimnis stehen sollte. Dieses teilte eine Schülerin der 5.1 mit einer weiteren Person der Klasse, die es wiederum an zwei weitere Freundinnen schickte. Eine Kette wurde in Gang gesetzt und es dauerte nicht lange, bis das Foto von Fred allen Kindern der Klasse in der Klassengruppe zugänglich war. Nach einem gemeinsamen Gespräch war sich die Gruppe schnell einig, dass das Foto von allen gelöscht werden sollte, schließlich sollte es ja für ein Geheimnis stehen. Das taten auch alle und kontrollierten ihre Mobilgeräte, deren Fotomediatheken und Chatverläufe gegenseitig. Dennoch tauchte Fred nach wenigen Stunden in einem Onlinepost bei Facebook auf. Wie konnte das passieren?
Um zu verdeutlichen, dass die Kontrolle über die Verbreitung eines Fotos komplett aus der Hand gegeben wird, selbst wenn man dieses nur mit einer Person teilt, hat die Klassenlehrerin Frau Niehoff das Foto vor dem gemeinsamen Löschen an eine weitere Person außerhalb der Klassengruppe geschickt und es sich später zurücksenden lassen. So schnell war Fred wieder da und konnte nun bei Facebook viral gehen. Um Freds Reisedaten nach 5 Tagen auswerten zu können, wurde ein Post mit der Bitte geschrieben, zu kommentieren, an welchen Orten Fred gesichtet wurde. Die Ergebnisse beeindrucken und schockieren zugleich, denn: Nach bereits 60 Minuten hatte es Fred bis nach Berlin geschafft, war bis zum Abend des ersten Tages in ganz Deutschland unterwegs und überquerte schlussendlich die Grenze zur Schweiz. Hier sollte seine Reise jedoch nicht enden, denn noch vor Anbruch des zweiten Experiment-Tages wurde das Bild in Griechenland, South Carolina und Kainuu (Nordfinnland) geteilt. Bis zum Ende der Woche reiste Fred darüber hinaus nach Singapur, weiteren Teilen der Schweiz und wurde auf der philippinischen Insel Mindanao kurz vor Australien gesichtet, bis er schlussendlich außerhalb von Facebook in anderen sozialen Netzwerken weiterverbreitet wurde. Bei Facebook allein sammelte Fred etwa 105 Kommentare, ergatterte 30 Likes, wurde 238-mal geteilt und insgesamt über 18.000 mal aufgerufen.
Diese stattlichen Reisedaten wertete die Klasse 5.1 in der darauffolgenden Sozialtrainings-Stunde zusammen mit ihrer Klassenlehrerin und der Schulsozialarbeiterin Frau Thiel aus, zeichnete die Sichtungen in Karten ein und bastelte darüber hinaus ein Schaubild zur Entstehung der Kontaktkette für eine gemeinsame Ausstellung in der Pausenhalle. Viele gebastelte und gemalte Freds unterstrichen die Präsentation der 5-Klässler, die zwar Freds Erfolg feierten, die Gefahr einer solchen Verbreitung jedoch auch erkannt haben. „Es ist toll, dass Fred jetzt ein Star ist und alle ihn kennen. Wenn wir jedoch ein peinliches Foto oder ein wahres Geheimnis verbreitet hätten, was nun die ganze Welt kennt, wäre das nicht so lustig“, fasste eine Schülerin der Klasse treffend zusammen. Ein Junge ergänzte: „Es ist wichtig, dass alle Freds Reisedaten kennen und zukünftig überlegen, von was sie Fotos machen und ob sie diese weiterschicken sollten. Nicht jeder möchte vielleicht, dass sein Foto verbreitet wird.“
Einen besonderen Dank möchte die Klasse allen aussprechen, die Freds Reise begleitet und bei diesem Experiment mitgemacht haben.